Manche Spiele beginnen mit einem Missverständnis, und das steht dann symbolisch für den weiteren Spielverlauf. In der Erlanger Karl-Heinz-Hiersemann-Halle trat genau dies ein. HCOB-Rückraumspieler Ruben Sigle traf im ersten Angriff exakt in den Winkel. Die Schiedsrichter Niklas Majstrak und Max Reimann aus Halle (Saale) pfiffen dazwischen, hatten irgendwas gesehen. Schnell erkannten sie ihren Irrtum, und daher entschuldigten sie sich gestenreich. Blöd nur, dass es mit den HCOB-Angriffsbemühungen gerade so weiter ging und der Ball viel zu selten ins gegnerische Tor wollte. Da ein technischer Fehler, dann wieder ein Fehlwurf, insgesamt machten die Murrtaler ohnehin zu wenig Druck auf die gegnerische Abwehr. Zu oft ging es über die Mitte, genau dort agierte Erlangens Defensive am stabilsten. Michael Haßferter im Tor des Teams aus Franken sammelte Paraden im Minutentakt.
Dass die Schiedsrichter nach ihrem frühen Missgeschick auch fortan keinen Zugang zur Partie fanden, kam hinzu. Sie pfiffen ohne erkennbare Linie Schrittfehler, Stürmerfoul und Zeitspiel, das traf beide Teams. Bei den Hinausstellungen benachteiligten sie die Gäste. Sieben zu zwei, das entsprach einfach nicht dem Spielgeschehen. Und zu Siebenmeterentscheidungen für den HCOB konnten sie sich eine Halbzeit lang nicht durchringen, obwohl es wiederholt Gelegenheit gegeben hätte, weil die Erlanger den eigenen Torraum zur Verteidigung nutzten. In Zahlen bedeutete all das für die Gäste: schlappe fünf Tore in den ersten 30 Minuten. Dabei gingen gleich drei aufs Konto von Tobias Gehrke. Ansonsten war es eine müde Ausbeute, so etwas gab es lange nicht mehr, sehr lange. Die Erlanger brannten in der Offensive ebenfalls kein Feuerwerk ab. Auch sie hatten viele technische Fehler, vergebene Würfe, HCOB-Keeper Stefan Koppmeier hielt klasse. Aber der Meister der Drittliga-Staffel E setzte wenigstens den einen oder anderen Konter. Das reichte, um bis zur Pause mit 10:5 zu führen.
Die Murrtaler wollten nach der Pause zunächst eine Unterzahl überstehen, dann taktisch umstellen, um heranzukommen. Doch wieder kam etwas dazwischen. Erst musste Jakub Strýc vom Feld, dann Tim Düren – beide erhielten ihre dritte Zeitstrafe. Rot wegen dreimal zwei Minuten, das war dem Team in den 24 Saisonspielen zuvor gerade zweimal passiert, nun folgten die Disqualifikationen drei und vier im Abstand von nur wenigen Zeigerumdrehungen. Und weil – siehe oben – die Vergabe der Zeitstrafen nicht gut austariert war, sorgten diese Entscheidungen für Unmut bei den Gästen. Vor allem schränkten die Dezimierungen den Handlungsspielraum und die Wechselmöglichkeiten weiter ein. Der HCOB, personell durch krankheits- und verletzungsbedingte Ausfälle ohnehin nicht in Bestbesetzung angetreten, musste viel improvisieren. Es gab trotzdem Lichtblicke. Rückraumspieler Felix Raff ging entschlossen voran, am Kreis ging viel über Lukas Rauh, der Rückstand wuchs zumindest nicht entscheidend weiter an.
Um die Partie noch einmal spannend werden zu lassen, hätten sich die Murrtaler aber keine Fehlwürfe mehr leisten dürfen, oder zumindest nicht viele. Die waren aber weiter im Angebot. Und so überstanden die Erlanger einige bange Minuten in der Mitte der zweiten Halbzeit, als der HCOB an der Wende schnupperte. Eine etwas offensivere Deckung, die auf Ballgewinne abzielte, ermöglichte den einen oder anderen „Steal“, aber dann gab es doch wieder Fehlwürfe zur Unzeit. Zugleich taten sich vermehrt Räume und damit freie Wurfchancen für Erlangens Zweite auf. Schlussendlich bedeutete das: die Gastgeber verteidigten ihren Vorsprung stabil. Schon einige Minuten vor dem Ende konnten sie sich des Sieges sicher fühlen. Die HCOB-Handballer hingegen ließen auch in der Schlussphase noch ein paar gute Gelegenheiten mehr aus. So hieß es am Ende 22:28. Und Co-Trainer Sebastian Frank musste nach dem Blick auf die Spielstatistik einen Negativrekord vermelden: „30 Fehlwürfe, das hatten wir in dieser Saison noch nicht.“
Stimmen zum Spiel
HCOB-Trainer Matthias Heineke: „Die erste Halbzeit war von technischen Fehlern geprägt. Wir haben es im Angriff zu viel über die Mitte probiert, obwohl wir genau das nicht wollten. Die 10 Gegentore an sich waren völlig in Ordnung, zumal da noch einige Konter dabei waren. Zwischen der 45. und der 50. Minute tat sich die einzige Phase auf, in der wir das Spiel noch einmal hätten wenden können, aber da haben wir dann zu viele Freie vergeben. Und dann merkte man auch, dass wir viel improvisieren mussten, um über die Runden zu kommen.“
Rund ums Spiel
Kurzer Blick auf die Tabelle: Der HC Erlangen II führt mit 6:0 Punkten, kann sich als zweite Mannschaft eines Bundesligaclubs aber nicht für den DHB-Pokal qualifizieren. Deshalb hat der TuS Fürstenfeldbruck, der am Wochenende gegen den TSB Horkheim siegte, die besten Karten. Der HCOB braucht am kommenden Samstag um 20 Uhr in der Wittelsbacher Halle einen Sieg, um den Spieß umdrehen zu können. Für den TSB Horkheim ist der Pokaltraum angesichts von drei Niederlagen und Platz vier wohl nur noch zu erreichen, wenn in der Rückrunde alles für diesen Club läuft.