Der Ausgangspunkt im Jahr 2018: Ein Platz im Mittelfeld der Bezirksliga, eher schmale Euphorie. Der HC Oppenweiler/Backnang hatte seit seiner Bildung im Jahr 2015 zwar drei Frauenmannschaft im Rennen, Team Nummer eins aber kam zunächst nicht voran. Dabei rückten hoffnungsvolle Talente aus der Jugend auf. Ein entscheidender Faktor für die Trendwende war die Verpflichtung von Trainerin Judit Lukács. Male Schütz erinnert sich an den Abend, als die Spielerinnen darüber informiert wurden – verbunden mit dem Hinweis, auf keinen Fall den Verein zu wechseln, sondern dem Projekt eine Chance zu geben, „und das haben wir getan“. Anna-Marie Kroll meint, „so richtig bewusst war mir das anfangs nicht, habe dann aber schnell gemerkt, in welche Richtung das Ganze führt. Dass es sogar mal um den Aufstieg in die Württembergliga geht, hätte ich mir damals definitiv nicht erträumt.“ Anna Rosenke, seinerzeit A-Jugendspielerin, erinnert sich, „dass ich mich erstmal überhaupt gefreut habe, bei den Frauen mitspielen zu dürfen. Aber es war auch immer ein Wunsch von mir, mit dem HCOB in höheren Ligen zu spielen.“ Denise Schaber indes merkte „von Anfang an, dass andere Zeiten auf uns zukommen. Sie hat es ja von Anfang an direkt und klar kommuniziert.“
Gleich im ersten Jahr gelang die Meisterschaft in der Bezirksliga, im Jahr darauf der Durchmarsch durch die Landesliga. Mit den Ligen stieg die Intensivität. „Wir haben mehr trainiert, uns gezielter vorbereitet“, sagt Torfrau Paula Heitzler. Kreisläuferin Lea Soffel ergänzt, „dass das Training anders aufgezogen wurde. Die Vorbereitung mit Joggen, Krafttraining und Seilspringen war für mich vollkommen neu.“ Nicht immer wurde gelacht. Denise Schaber erinnert sich an Muskelkater und blaue Flecken. „Judit Lukács hat schnell deutlich gemacht, wo sie mit uns hinmöchte und was wir dafür zu leisten haben“, sagt Male Schütz und erinnert sich an einen Grundsatz, den die Trainerin ihren Spielerinnen mit auf den Weg gab: „Der beste Trainer, den ich je hatte, hat mich nicht gelobt, sondern mich auf meine Fehler hingewiesen. Das hat sie auch beherzigt.“ Die neuen Methoden stießen auch deshalb auf Gegenliebe, weil sie Erfolg brachten. Außenspielerin Lea Soffel nennt exemplarisch die Videoanalyse: „Das kannte ich vorher nicht und ich kam mir fast wie ein Profi vor. Rückblickend hat uns das in vielen Spielen Punkte beschert.“ Das Team bekam eine eigene Physiotherapeutin gestellt. Auch die Zahl der Übungseinheiten stieg: Wurde bis 2018 noch zweimal in der Woche trainiert, wurden die zwei Einheiten fortan verpflichtend, mittlerweile sind es drei, dazu Krafttraining. „Aber ich gehe gern ins Training, um mich weiterzuentwickeln“, sagt Torfrau Paula Heitzler. Lea Soffel siehts ähnlich, nur die Trainingszeit 20.30 Uhr findet sie manchmal etwas nervig. „Ansonsten ist Training wie Freundinnen treffen, nur etwas anstrengender.“ Zum Glück findet Anna-Marie Kroll, „in manchen Wochen sehe ich die Mädels häufiger als meine eigene Familie. Das schweißt zusammen.“
Gemeinsame Erlebnisse verstärkten den Teamgeist. Für Male Schütz war es „die erste Saison unter Judit Lukács, als wir plötzlich alle Spiele haushoch gewonnen haben.“ Aber auch das erste Verbandsligaspiel beim damaligen Aufstiegskandidaten TV Flein hatte seinen Effekt. „Es war unsere deutlichste Niederlage. Aber wir haben an den Schwachstellen gearbeitet. Im Rückspiel haben wir dann Unentschieden gegen sie gespielt.“ Das Spiel, das am meisten in Erinnerung bleiben wird, sei aber noch nicht gespielt“, sagt Lea Soffel und denkt an die finale Begegnung mit der HSG Böblingen/Sindelfingen. In diesem Duell wird am Sonntag entschieden, ob es im fünften Jahr den dritten Aufstieg zu feiern gibt. Dass es zu einem „Endspiel“ um die Meisterschaft in der Verbandsliga kommt, ist für die einen überraschend. Lea Soffel beispielsweise gesteht, „dass ich persönlich erstmal nicht daran gedacht habe, weil wir eine junge und teilweise unerfahrene Mannschaft sind.“ Anna Rosenke wiederum verweist darauf, „dass ich und Paula uns das von Anfang an gewünscht haben und wir auch sehr optimistisch waren.“ Als sich zu Beginn der Runde die Siege einstellten, „wurde uns bewusst, was in uns steckt und was bei der Platzierung möglich werden kann.“ Dieses Ziel habe man nie aufgegeben, auch wenn in der Rückrunde nicht mehr alles von der Hand lief, betont Male Schütz. „Wir hatten in dieser Saison mit die beste Abwehr der Liga“, freut sich Paula Heitzler. „Darum taten wir uns einfacher, schnelle Tore zu erzielen.“ Dass die Mannschaft vom Verletzungspech verschont blieb, sei auch kein Nachteil gewesen.
Nun glauben die Spielerinnen, dass auch der große Wurf vollends gelingen kann und ein Sieg gegen den Tabellenführer zur Meisterschaft führen kann. „Wir sind gut vorbereitet, wissen was wir draufhaben und können mit Selbstvertrauen und Mut an das Spiel herangehen“, sagt Anna Hug. Anna-Marie Kroll verweist auf die Statistik: „Wir haben noch nie gegen die HSG verloren.“ Die Trainingswoche sei gut verlaufen, betont Lea Soffel, „jede ist motiviert und heiß auf das Spiel.“ Natürlich sei die Aufregung ein bisschen größer als sonst, aber auch die Vorfreude. „Es geht um alles, das hat man nicht oft“, betont Anna Hug. „Fast niemand von uns hatte bisher so ein wichtiges und bedeutungsvolles Spiel am Ende einer Saison“, sagt Anna Rosenke. Male Schütz denkt nicht einmal zu sehr ans Ergebnis und die Möglichkeiten, die sich bei Sieg auftäten: „Ich will einfach ein richtig gutes Spiel in einer vollen Halle.“ Anna-Marie Kroll freut sich darüber hinaus, „dass das Spiel auch im Verein einen so hohen Stellenwert bekommen hat und der Fokus am Sonntag mal auf dem Frauenhandball liegt.“ Dass der HCOB viele ehemalige Spielerinnen der Frauenteams beider Stammvereine mobilisierte und die Karten fürs Frauenspiel online anbot, freut Lea Soffel, „weil dadurch der Frauenhandball auch mal im Fokus steht.“ Denise Schaber hat wahrgenommen, dass „das ganze Drumherum größer geworden ist. Das hat uns in der ganzen Runde schon angespornt. Dass es jetzt auf die letzte Begegnung ankommt, war nicht geplant. Aber wir lieben es eben, unseren Zuschauern ein spannendes Spiel zu bieten. Wenn wir mental und körperlich fit sind, können wir es schaffen.“ Im besten Fall heißt es am Ende: in fünf Jahren aus dem Bezirksliga-Mittelmaß in die Württembergliga.